EZB vs. Fratelli d’Italia

Mit großer Sorge kann man auf Italien blicken. Mittlerweile sind die Renditen der italienischen zehnjährigen Staatsanleihen bei 4% angekommen! Das bedeutet ein Risikoaufschlag von ca. 2,3% gegenüber der Bundesanleihe. Das muss man kritisch im Auge behalten. Denn diese Situation macht es fast untragbar neue Schulden aufzunehmen.

Die Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), eine echte Rechtspartei, könnte die Parlamentswahlen gewinnen und mit Giorgia Meloni könnte dann auch eine Postfaschistin erstmals Ministerpräsidentin werden. Für die EZB hat der sich abzeichnende Rechtsruck in Italien eventuell schwerwiegende Konsequenzen. Sollten die Risikoaufschläge im Zuge steigender Zinsen wieder nach oben ausbrechen, etwa weil Italiens neue Regierung wie im Wahlprogramm versprochen neue Staatsausgaben und Steuersenkungen ankündigt und/oder notwendige Reformen des EU-Fonds nicht umsetzt und damit die Auszahlung verzögert, könnte die EZB gezwungen sein, ihr neues Transmission Protection Instrument (TPI) einzusetzen.  Damit würde die EZB bevorzugt italienische Anleihen kaufen, um die Spreads unter Kontrolle zu halten, um den Preis, einer weit rechtsstehenden und im Kern zumindest europaskeptischen Regierung unter die Arme zu greifen.  Man wolle Hilfsmittel aus dem Corona Fonds also dem Next Generation EU Fonds haben. Rund 200 Milliarden Euro, 20 Milliarden Euro pro Quartal in mehreren Tranchen.

 

„Jetzt ist der Spaß für Europa vorbei“ kündigte Giorgia Meloni an. Da kommen vermutlich unruhige Zeiten auf Europa zu.

 

Italien ist „too big to fail“.

Eine erneute Euro-(Vertrauens)-Krise ist nicht auszuschließen. Die EZB muss Italien retten (whatever it takes). Wird eine Konfrontation riskiert, wird es zu einer „Erpressung“ kommen (Italexit). Wenn es wirklich zu einer europakritischen Regierung in Italien kommt, wird es insbesondere für Deutschland teuer. Ein Austritt Italiens aus der EU wäre eine Katastrophe und erpresste Wirtschaftshilfe oder Schuldenvergemeinschaftung via Eurobonds. Das wäre zusätzlich teuer für die EU.

Das kommt natürlich zur Unzeit, da Deutschlands Industrie sich gerade energetisch neu aufstellen muss, das Militär finanziert werden soll und die Bürger auf Entlastungen im Hinblick auf Energie- und sonstige Preissteigerungen pochen.

Die Risikoaufschläge für Länder wie Italien steigen weiter. Es könnte durchaus sein, dass der Wahlausgang in Italien auch Auswirkung auf die Handlungsfähigkeit der EZB haben wird.

Für Europa bricht eine schwierige Zeit an, weshalb ich es schon fast irrational finde, wie sehr sich der DAX (relativ) in Sicherheit wiegt. Europa wäre auf kurze bis mittlere Sicht besser unter zu gewichten. Den Boden dieses Fasses haben wir kurstechnisch wohl noch nicht gesehen. Das Schlimmste mag vielleicht abgewendet werden. Ich schließe mich nicht den Untergangspropheten an. Aber es wird kein leichter Weg, und das Vertrauen internationaler Investoren dürfte noch eine harte Bewährungsprobe durchlaufen.

Eines ist auch klar: Ist man in seinem Depot global aufgestellt, dann arbeitet das Geld weltweit, egal welche Währung eines Tages bei Verkauf der Aktien ausgezahlt wird. Und wenn man sich den Goldfonds in „neuer deutscher Mark“ auszahlen lässt, dann wird der Wechselkurs bestimmen, wie gut es gelaufen ist.

Ein kleines Risiko besteht in einer viel zu starken deutschen Einzelwährung. Das gefährdet den Export und das Wirtschaftswachstum und auch den Wechselkurs bei internationalen Anlagen. Deutschland hat sehr davon profitiert, mit einem recht weichen Euro das Zugpferd Europas sein zu dürfen (Exportweltmeisterschaft auf Kosten der schwächeren Länder, die eine für sich zu starke Gemeinschaftswährung hatten).

 

Kurzum: Es wird teuer und unangenehm. Die fetten Jahre sind vorbei. Streuung bleibt aber das Gebot der Stunde. Euro-Tages- oder -Festgeld bleibt weiterhin (trotz nun höherer Zinsen) wohl die denkbar schlechteste Wahl. Sachwerte bleiben Trumpf.