Marktausblick 2022

Dezember 31, 2021

2021 stellte sich nun als ein zweites Corona-Jahr da. Die Aktienmärkte haben sich erneut sehr gut entwickelt. Maßgeblicher Treiber im Hintergrund sind die negativen Realzinsen gewesen. Die Hausse ist sehr reif. Es ist viel Euphorie in den Märkten. Die Rally wird von immer weniger Aktien getragen.

Es ist aber kein Grund unruhig zu werden, wenn der Staat und die Notenbanken sich zurückziehen werden, weil der Privatsektor in einer exzellenten Situation ist. Die Ersparnisse der privaten Haushalte sind sehr hoch. Dieses Geld wird nach und nach in die Aktienmärkte fließen. Dazu ist die Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nicht exzessiv. Hier besteht durchaus Potenzial, den Leverage der privaten Haushalte zu erhöhen.

 

2022 wird durch aus anspruchsvoller werden. Die Zentralbanken werden einen Weg aus dem Nullzinsniveau einschlagen, während sich die Inflationszahlen vermutlich etwas entspannen werden.

Die Zentralbanken werden ihren Stimulus etwas zurückfahren, da der Neustart keine Starthilfe mehr braucht. Die amerikanische Zentralbank wird wohl mit zwei Zinsstraffungen in 2022 beginnen, eine höhere Teuerung aber weiter in Kauf nehmen. Ihr Inflationsziel hat sie erreicht. Entscheidend für Zeitpunkt und Tempo ihrer Zinserhöhungen wird daher sein, wie sie ihr Beschäftigungsmandat auslegt. Die Geldpolitik der EZB dürfte angesichts schwächerer Inflationsprognosen entgegenkommender ausfallen. Das Tapering und die Zinserhöhungen könnten sogar einen Börsenschock verursachen, da es sich für den Markt wie ein kalter Entzug anfühlen könnte. In diesem Fall würden allerdings die Notenbanken sofort ins Geschehen eingreifen.

Die Teuerungsrate dürfte uns noch eine Weile begleiten. Lieferkettenprobleme sind ein Grund für die gestiegene Inflation, wirken aber wohl temporär. Drei kaum beachtete Faktoren könnten die Preise langfristig treiben.

Deglobalisierung: Vorprodukte fehlen, was zu langen Lieferzeiten führt. Lieferkettenprobleme veranlassen viele Unternehmen zu einer breiteren Verteilung ihrer Aufträge, um Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten zu verringern. Unternehmen werden ihre Produktionsstätten ins Inland umsiedeln. Das führt zu höheren Kosten in der Produktion, die an den Endverbraucher weitergegeben werden.

Die Dekarbonisierung ist nicht umsonst zu haben. Die Bekämpfung des Klimawandels steht weltweit auf der Agenda der politischen Führungen. Dies wird Unmengen an Geld kosten. Die geplante Energiewende wird zu einem deutlichen Anstieg der CO2-Preise führen. Das wird sich auf die Bürger niederschlagen in Form von Preiserhöhungen für Strom, Benzin und Gas. Die Produktionskosten sind davon ebenfalls nicht verschont.

Der demografische Kollaps verstärkt den Lohndruck. In den kommenden Jahren werden die sogenannten Baby-Boomer in Rente gehen und den schon jetzt in Deutschland spürbaren Mangel an Fachkräften weiter verschärfen, was den Druck auf die Lohnkosten erhöht. Mehr Rentner bedeutet zudem höhere Kosten der Kranken- und Rentenversicherung und damit wiederum höhere Lohnkosten.

Wir halten an der Stelle fest, eine Zinswende, die den Namen „Wende“ verdient hätte, werden wir nicht mehr sehen.

Historisch betrachtet sind wir in einer einmaligen Situation, wo Jahr für Jahr die Ersparnisse von vielen Leuten durch die Inflation sukzessive aufgefressen werden.

Begleiten wird uns das Jahr 2022 mit zunehmenden Unsicherheiten etwa im Bereich der Geopolitik. Einschränkungen des öffentlichen Lebens infolge neuer Virusvarianten dürften die Aktienerträge geringer ausfallen lassen als 2021.

Dennoch können wir durch aus positive Aktien- und negative Anleiherenditen in 2022 erwarten. Der Neustart der Wirtschaft wird sich wegen neuer Virusvarianten wohl verzögern. Die Zentralbanken werden Zinserhöhungen vornehmen, aber toleranter gegenüber der Inflation bleiben. Letztere dürfte sich auf höheren Niveaus als vor Corona einpendeln. Wir werden also mit stärker steigenden Preisen leben müssen.

Daher sollte man Sachwerte wie Aktien gegenüber festverzinslichen Anlagen weiter bevorzugen. Die Marktteilnehmer werden merken, dass die US-Notenbank geldpolitisch nicht ernsthaft bremsen kann. Sonst geht sofort die Konjunktur in die Knie.

 

Auch der Klimawandel heizt die Inflation an. Die Klimakrise wird in den nächsten Jahrzehnten wohl zahlreiche Lieferketten empfindlich stören.

Für Anleger heißt das: Ein hoher Wert an Sachwerten! Das Geld in Sachwerte anzulegen ist deutlich sicherer als auf dem Bankkonto. In Zeiten von niedrigen Zinsen bieten Sachwerte den bestmöglichen Schutz für Vermögen jeder Größenordnung. Die Geschichte beweist: Sachwerte sind die einzig verlässlichen Wertspeicher. Ihr Geldwert – oder ihr Buchwert – mag schwanken. Aber völlig wertlos können Sachwerte niemals werden.

Historisch gesehen erzielen Unternehmensbeteiligungen die höchste Rendite aller Anlageklassen – trotz Inflation. Die Entscheidung, neben Aktien in private, nicht börsennotierte Unternehmen zu investieren, liegt für sie deshalb auf der Hand

Im Übergang zur Klimaneutralität sehen wir einen Angebotsschock, der sich über Jahrzehnte hinziehen und damit eine dauerhaft höhere Inflation begünstigen wird. Ein ungeordneter Übergang mit abrupten Maßnahmen zur Emissionsreduktion könnte zu Energieengpässen führen und Unternehmen sowie ganze Sektoren in die Bredouille bringen. Ein reibungsloser Übergang ist unseres Erachtens für die Inflationsentwicklung noch wichtiger als die Geldpolitik.

2022 dürften innenpolitische Polarisierungen, der Konkurrenzkampf zwischen den USA und China, die Kluft zwischen Industrie- und Schwellenländern sowie die holprige Energiewende die Geopolitik bestimmen. Die USA wollen sich auf die Bewältigung der Pandemie, die Umsetzung der Konjunkturprogramme, die Eindämmung der Inflation und auf die Vorbereitung der Zwischenwahlen konzentrieren.

Chinas Augenmerk gilt der Wachstumsabkühlung, seiner ehrgeizigen Regulierungs- und Sozialagenda sowie der wahrscheinlichen Wiederwahl von Präsident Xi Jinping und dem Wechsel an der Parteispitze.

Das zweite größere Risiko geht vom Nahen Osten aus. Die Spannungen zwischen den Ölproduzenten am Golf haben nicht zuletzt durch die Hinwendung der USA zu Asien nachgelassen. Hohe Erdölpreise sind von Vorteil für die Region, und effiziente Ölproduzenten am Golf verfügen in der Phase des grünen Übergangs durchaus über Preismacht.

Zunehmend Sorge bereitet, dass die Rückkehr der USA zum Atomabkommen mit dem Iran immer unwahrscheinlicher wird. Da die nuklearen Möglichkeiten des Iran zunehmen und die Gespräche auf der Stelle treten, wächst die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung in der Region.

Weitere Risiken sind die festgefahrene Situation in der Ukraine und die atomaren Ambitionen Nordkoreas.