Wann kommt die Disinflation?
Aufgrund aufkommender Inflationssorgen befindet sich die Wertentwicklung globaler Anleihenmärkte nach einem fulminanten Jahresstart zurück auf Los. Die Rendite für zweijährige US-Staatsanleihen beträgt mittlerweile 4,7% so hoch wie im Jahr 2007. Der Aktienmarkt, gemessen am MSCI World liegt in diesem Jahr 4% im Plus. Entfernt sich aber weiter von seinen zwischenzeitlichen Höchstständen, seit dem Jahreswechsel. Der Realitätscheck und die damit einhergehende Neubepreisung rührt nicht zuletzt von der allmählichen Erkenntnis her, dass die Hoffnungen auf eine geschmeidige Disinflation in Richtung der 2%-Zielmarken der US-Notenbank Fed und Europäischen Zentralbank (EZB), auf Leitzinssenkungen noch in diesem Jahr, garniert mit einer „weiche Landung“ der Wirtschaft ungeachtet geldpolitischer Bremswirkungen in dieser Form nicht haltbar waren.
Die Preisfrage für die kommenden Quartale lautet:
Wann und in welchem Ausmaß entfaltet sich die konjunkturelle Bremswirkung der höheren Zinsen? Viel wurde diskutiert, ob wir eine harten Landung der Wirtschaft erleben.
Obwohl es Anzeichen dafür gibt, dass sich die Inflation abkühlt, ist sie noch lange nicht überwunden. Der US-Verbraucherpreisindex stieg im November im Jahresvergleich um 7,1 % – weniger als erwartet, aber nicht genug, um die Inflationssorgen zu zerstreuen. Im Euroraum und in Großbritannien liegt die Verbraucherpreisinflation immer noch bei über 10 %. Anleger müssen sich auf eine potenziell anhaltende Inflation, steigende Zinsen und einem ausreifenden Technologiesektor einstellen, der kaum weiterhin in einem halsbrecherischen Tempo wachsen wird. Dieser ist übrigens stark in den Indizes vertreten, in den viele Privatanleger mit ETF’s investiert sind.
Als besonders widerstandsfähig erwies sich zuletzt der US-amerikanische private Verbrauch. Die US-Konsumenten scheinen trotz schwindender Überschussersparnisse das Geld immer noch mit vollen Händen auszugeben. Gerade der binnenwirtschaftliche Neustart im Osten Asiens hat die globalen Wachstumsperspektiven aufgehellt. Japan beispielsweise ist unterrepräsentiert, unterbewertet und zudem günstig. Wir sehen eine Erholung nach Covid-19. Im Vergleich zu den restlichen Industrieländern war die Inflation in Japan kein großes Problem. Es handelt sich dabei hauptsächlich um eine importierte Inflation: der schwächere Yen und steigende Rohstoff- und Energiepreise waren die Hauptursachen dafür. Der Yen ist eine der billigsten Industrieländerwährungen aktuell. Zudem sorgt die Rückkehr der Touristen für positive Aussichten. Das Ende der Null-Covid-Politik in China wird wahrscheinlich die Touristenzahlen in den nächsten Jahren in die Höhe treiben. Die größten Chancen in Japan bieten sich nach wie vor auf Einzeltitelebene. Hier können Fondsmanager ihr Geschick ausspielen. In Japan beschleunigte die Corona-Pandemie die bereits stattfindende strukturelle Veränderung wie Automatisierung, Internet und Digitalisierung. Besonders bei der Digitalisierung befindet sich Japan im Vergleich zum Rest der Welt in einem sehr frühen Stadium. Japans starkes geistiges Eigentum und Marken, die alternde Bevölkerung und der Trend zu einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien bieten attraktive Anlagemöglichkeiten. Beispielsweise ist japanisches geistiges Eigentum weltweit führend in Bereichen wie Manga und der Spielebranche.
Tech-Aktien sind keine Wachstumsmotoren mehr!
Während der Börsentalfahrt im letzten Jahr standen die Technologieaktien im Mittelpunkt. Nach Jahren stetiger Zuwächse erkennen die Anleger nun an, dass nicht alle Technologieaktien ewig wachsen werden. Der Hauptgrund für die schwache Performance der Technologiebranche war die Herabstufung von Unternehmen mit mangelnder Profitabilität. Als der Markt 2022 seinen Schwerpunkt von Wachstum auf Profitabilität verlagerte, stürzten diese Aktien auf den Boden der Tatsachen zurück.
Meiner Meinung nach sollten Value und Dividendenaktien weiterhin die Nase vorne haben gegenüber den Wachstumsaktien aufgrund des aktuellen Umfelds.
Die Tech-Werte sind sogenannte Wachstumstitel und punkten, wenn sie Wachstum prognostizieren. Wenn das ins Stocken gerät, dann drückt das auf die Kurse. Das haben wir aktuell bei Amazon, Alphabet oder Meta gesehen. Diese Werte haben auch maßgeblich zur Rally beim S&P500, NASDAQ und MSCI World in Zeiten der Niedrigzinsphase beigetragen in den letzten Jahren. Nur sind diese Zeiten vorbei und diese Unternehmen stehen jetzt vor neuen Herausforderungen. Mit steigenden Zinsen, steigen auch deren Fremdfinanzierungskosten und das bremst das Wachstum und deren Erwartungen. In den letzten Jahren verzeichneten diese Unternehmen ein extremes Wachstum, welches in dem aktuellen Umfeld in den nächsten Jahren nicht mehr fortgeschrieben werden kann. Blicken wir allerdings auf den Technologiesektor, der sehr stark bei ETF-Anlegern in den Indizes repräsentiert ist, sehen wir hier Risiken für die weiteren Aussichten.
Unternehmen wie Amazon, Twitter, Meta, Microsoft und PayPal kündigen einen massiven Jobabbau an. Das ist eine provisorische Maßnahme auf das Umfeld, auf das schwierige Umfeld. Sollten die Zinsen allerdings schnell eine Umkehr einleiten, dann kann natürlich Growth stärker punkten als erwartet.