Erneute Bankenkrise?

März 21, 2023 , , ,

Fast 15 Jahre ist es her, die große Subprime-Krise in den USA. Ausgelöst durch die Pleite der Lehman Brothers im Herbst 2008. Nach der Implosion der spekulativen Krypto-Blase, in deren Folge FTX, Silvergate und andere vor die Wand fuhren, ist es bei der Silicon Valley Bank zu einem klassischen ´Run´ auf die Einlagen dieser Bank gekommen. Nun ist die Schweizer Credit Suisse in massiver Schieflage und weitere Ansteckungsrisiken im Schattenbankwesen sind zu erwarten.

 

Zunächst einmal zur Einordnung: Das Bankensystem in den USA besteht aus ca. 4.000 Banken, von denen die überwiegende Mehrheit weniger als 10 Mrd. US-Dollar an Assets hält. Die aufsichtsrechtliche Überwachung unterscheidet sich offensichtlich zwischen JPMorgan Chase (mit einer Bilanzsumme von mehr als 3.600 Mrd. US-Dollar per Ende 2022) und einer kleinen Regionalbank. Für kleinere Banken gelten geringere Eigenkapitalanforderungen, und sie unterliegen keinen Liquiditätsbeschränkungen.

Die Finanzkrise 2008 hat nichts mit der von Heute zu tun. Der große
Unterschied ist, dass die Finanzkrise 2008 ausgelöst wurde durch schwache
Assets aus der Bilanz, die nicht gut durch entsprechende Sicherheiten gedeckt
waren. Die waren halt einfach schwach und haben die Probleme ausgelöst. Damals
gab es viel finanzielle Hebel / Leverage, der im Spiel war.

Heute ist das nicht das Problem. Die Assets aus den Bilanzen sind
solide. Die Bilanzen auf Seiten der Banken sind massiv aufgepäppelt. Die
Probleme sind von Papieren ausgegangen, die in der Regel als hoch liquide
gelten, als sicher gelten: Staatsanleihen und Mortgage backed securities (hypothekenbesicherte Wertpapiere). Diese Assets wurden aufgrund der massiven Verschiebung auf der
Zinskurve nun anders bewertet.  

 Kurz: Die Banken wollte diese Papiere bis zur Endfälligkeit halten,
so dass sie keine Anpassung zum fairen Wert
nehmen müssen. So kam es nun zur Liquiditätskrise,
dass sie diese Papiere nun verkaufen müssen.

Heute haben wir es mit einer Liquiditätskrise zu tun.

 

Was ist passiert?

Die Silvergate Bank als Beispiel. Ihre Vermögenswerte stiegen von 2019 bis 2021 von 2 Mrd. auf 16 Mrd. US-Dollar und fielen letztendlich bis Ende 2022 auf 11 Mrd. US-Dollar zurück. Die Silvergate Bank war auf die hochspekulativen Kryptowährungen spezialisiert. Die Bank gab am 9. März bekannt, dass sie ihren Betrieb einstellt und die Bank, die sich seit dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX in finanziellen Schwierigkeiten befindet, liquidiert. Nach einem Run auf die Bank im vierten Quartal benötigte Silvergate von der Federal Home Loan Bank of San Francisco eine Finanzspritze in Höhe von 4,3 Mrd. US-Dollar, die am Ende des Quartals fast die gesamte Bilanzsumme ausmachte.

 

Kein noch so großes Kapital und keine noch so liquiden Wertpapiere schützen vor einem „Bankenansturm“.

Dies wird immer die Achillesferse des Bankensektors sein, der letztlich auf das Vertrauen seiner Kunden angewiesen ist. Banken sind von Natur aus eine fremdfinanzierte Branche, in der kurzfristige Einlagen langfristige Kredite finanzieren. Die amerikanische Notenbank Fed sah sich gezwungen einzugreifen. So schloss das Institut und garantierte die Einlagen. Weitere Regionalbanken sollten folgen. Sie gerieten in einen Abwärtsstrudel und wurden ebenfalls gerettet. Bei der First Republic Bank schließen sechs amerikanische Großbanken Geld ein, so dass eine Zahlungsunfähigkeit abgewendet wird.

Die systemrelevanten Großbanken besorgen sich das Geld von der Notenbank, die hierzu einen eigenen Diskontrahmen neben anderen Finanzierungsfazilitäten bereitstellt. Um die Folgen von Zusammenbrüche zu begrenzen, hat die Fed angekündigt, ein neues Kreditprogramm für Banken aufzulegen: Bank Term Funding Program (BTFP).

Im Rahmen dieser Fazilität können Banken bis zu einem Jahr lang Vorschüsse von der Fed in Anspruch nehmen, indem sie Staatsanleihen, Mortgage-backed security  (Hypothekenbesichertes Wertpapier) und andere Schuldtitel als Sicherheiten verpfänden. Durch die Verpfändung ihrer Anleihen können die Banken die Entnahmen der Kunden bedienen, ohne ihre Anleihen mit Verlust verkaufen zu müssen.

Trotz der sich in Europa ausbreitenden Sorgen um die Gesundheit des Bankensektors erhöhte die Europäische Zentralbank gestern die Zinssätze um 50 Basispunkte und hielt damit an ihrem im letzten Monat aufgestellten Plan fest. Die EZB ist die erste große Zentralbank, die seit den durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank ausgelösten Turbulenzen eine Zinsentscheidung getroffen hat.

 

Wie kann eine Bank so schnell sterben?

Es handelt sich um den klassischen Fall eines „Bankenansturms“. Die Silicon Valley  war auf Technologie-Start Up‘s spezialisiert. Die Bank hatte am 8. März 2023 bekannt gegeben, dass sie frisches Kapital aufnehmen wollte, um ihren Nettoverlust zu decken (der aus bilanzieller Sicht bei weitem nicht so hoch war). Allerdings geschah dies kurz nach dem Zusammenbruch von Silvergate, was bei den Venture Capitel-Unternehmen weitere Panik auslöste. Laut CNBC wiesen mehrere namhafte Fonds ihre Start-ups in den letzten Tagen an, ihre Gelder aus der Silicon Valley Bank abzuziehen, weil sie einen Ansturm auf die Bank befürchteten. Die starke Vernetzung der Tech-Investorengemeinschaft und der Echoraum der sozialen Medien sind die Hauptursachen für den schnellen Zusammenbruch der Bank.

„Das wahre Ansteckungsrisiko ist aber das Schattenbankwesen“

 

Fazit: Die Insolvenzen von Silicon Valley, Signature und Silvergate stellen weder für die USA noch für das globale Bankensystem eine Gefahr dar. Sie zeigen jedoch deutlich die mangelnde aufsichtsrechtliche Kontrolle des Schattenbankensektors und die Risiken für Banken, die sich auf eine schwache Einlagenbasis stützen. Die aktuellen Inflations- und Zinsaussichten stellen eine klare Bedrohung für den Schattenbankensektor dar, der auf Kosten des Bankensektors rasch gewachsen ist. Der Bankensektor kann sich zwar den makro- und mikroökonomischen Missgeschicken des Schattenbankwesens nicht entziehen, doch ist er nicht für die in den letzten Jahren aufgetretenen Auswüchse verantwortlich. Dank einer soliden Bilanz, hoher Liquidität und  potenzieller Nachsicht der Regulierungsbehörden, wie während der Pandemie, dürfte der Bankensektor nicht so stark unter diesen Ausfällen leiden.

„Angst war noch nie ein großer Ratgeber“

 

 

h