Die Börse feiert, als hätte es den Shutdown nie gegeben

Sie wetten klar auf eine schnelle Erholung. Die Finanzmärkte gehen von sehr vielen guten Nachrichten aus. Im Moment rechnen die Märkte damit, dass die Beschränkungen in der Corona-Krise aufgehoben werden, es zu keiner zweiten oder dritten Welle der Pandemie komme und Mittel gegen die Krankheit gefunden würden.

 

Dabei wird die wirtschaftliche Erholung Monate, wenn nicht sogar Jahre benötigen. Vielleicht ist die Kursexplosion der Auftakt zur nächsten Korrektur innerhalb der Corona-Krise.

 

Es ist in Worten nur so zu erklären: Die Lockerungsmaßnahmen sorgen dafür, dass die Wirtschaft gerade erst anfängt, sich aus der Corona-Starre zu befreien. Seit seinem Tief Mitte März hat der DAX um knapp 40 Prozent zugelegt. Die EU erhebt ein Wiederaufbauprogramm in Höhe von 750 Milliarden €, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und den Schaden zu beseitigen. Die Börsen dagegen fiebern dem Allzeithoch vor dem Corona-Crash entgegen, als hätte es die Corona Pandemie nie gegeben.

Wirft man einen Blick in die USA, stellt man fest, dass dort die Technologie-Börse fast wieder ein neues Rekordniveau erlangt. Börsenparty und wirtschaftlicher Kollaps passen also nicht zusammen. Doch wie kann das sein? Betrachten wir die Wirtschaftsdaten und Revidierungen der Unternehmensgewinne, kann man eigentlich nur wenig Hoffnung auf eine Erholung haben. Die Ergebnisse im zweiten Quartal werden noch schlechter ausfallen, weil hier der größere Teil des Shutdowns stattgefunden hat. Aktien sind gestiegen, obwohl die Wirtschaft in einer Rezession steckt.

Ist es blanke Euphorie? Es lässt sich so erklären, dass es dummes Geld ist. Die Notenbanken fluten die Märkte mit Liquidität, die EU greift mit ihrem fiskalpolitischen Stimulus dabei unter die Arme. Die Aktienanlage ist in Zeiten von Niedrig-und Negativzins alternativlos. Am Anleihenmarkt ist nicht mehr viel zu holen, so dass es die Anleger in den Aktienmarkt zieht, um reale Rendite zu erzielen, die Ihr Vermögen schützen und vermehren.

 

Schwache Fundamentaldaten geben keinen Grund zum Feiern.

 

Werfen wir einen Blick auf die  Wirtschaftsprognosen, stellen wir fest, dass diese keinen Anlass zur Euphorie geben. Das Ifo-Institut rechnet mit einem Einbruch der deutschen Wirtschaft um ca. 6,5 Prozent. Das ist jenseits vom Kollaps, welchen wir  2008 in der Finanzkrise erlebt haben.

Vieles wird nicht mehr so sein wie früher. Die Globalisierung hat die Welt verändert und mächtig Einfluss genommen. Deutschlands Rückgrat der Wirtschaft war immer der Export. Nur wird dieser aktuell stark von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die Nachfrage aus dem Ausland dürfte angesichts der weltweit verheerenden Folgen der Corona-Pandemie wegbrechen und die Nachfrage nach Investitionsgütern schwach bleiben. Hier sollte man Hinterfragen, ob dieses Wirtschaftsmodell noch tauglich für die Zukunft ist. Wachstumstreiber wie China machen sich weniger abhängig von der Welt und setzen verstärkt auf ihre Binnenwirtschaft. Hier sollte man eher von einem gestreckten V oder einer U-förmigen Erholung ausgehen, die ihre Zeit benötigen wird.

 

  • Wie wird der Corona-bedingte Angebotsschock überwunden?
  • Wie werden sich die Verbraucher verhalten?
  • Wie schnell wird der Nachfrageschock überwunden?

 

In den USA haben bereits ca. 40 Millionen ihren Job verloren. Es liegt auf der Hand, dass Menschen, die gerade in Kurzarbeit geschickt wurden oder sogar ihren Job verloren haben, nicht als Erstes an den Kauf eines Neuwagens oder ihren Jahresurlaub denken. In den USA ist die Wirtschaft zu 70 Prozent vom Konsum abhängig. Es bleibt gespannt wie sich dieses Szenario auf die nächste Wahl im November auswirkt. Dazu kommt der Handelskonflikt zwischen den Großmächten der USA und China. Sollte der Handelsstreit im Laufe des Wahlkampfes eine neue Eskalationsstufe erreichen, könnten hier Strafzölle für Importe aus China Preiserhöhungen sorgen und die Kauflaune der US-Verbraucher zusätzlich dämpfen. Das würde dann auch die amerikanische Börse sowie andere Handelsplätze nach unten ziehen.

 

Wer aber nur auf die Risiken schaut, kann kein Vermögen erhalten, geschweige denn vermehren, schon gar nicht, wenn noch Steuern und Inflation obendrauf kommen. Wer vor lauter Angst keinen Mut hat, zu investieren, begibt sich in eine gefährliche Sackgasse, an deren Ende ein noch größerer Verlust stehen kann. Millionen von Menschen mussten in Zeiten hoher Inflation zusehen, wie ihre Ersparnisse dahinschmolzen.