Aktienmarkt – Quo Vadis?

Deutsche Aktien sind im Höhenflug! Vielleicht sogar so stark, dass sie für Stirnrunzeln sorgen können. Nicht, dass die Aufwärtsbewegung der vergangenen Monate ungerechtfertigt wäre. Die konjunkturelle Lage ist ja nicht schlecht, vor allem im Vergleich zu den Krisenszenarien, die im Herbst im Raum standen. Die Energiekrise ist ausgeblieben, ebenso wie die tiefe Rezession. Dazu geht die Inflation langsam zurück. Die Weltkonjunktur hellt sich langsam wieder auf.

Aber: So ganz zum Hura schreien ist die Lage nun auch wieder nicht, und wir haben nun auch schon eine erhebliche Kursrally gesehen. Die Fallhöhe für den DAX ist auf jeden Fall wieder größer geworden.

 

Man muss aber zwischen Unternehmen und dem Landessitz unterscheiden. Das sind zwei völlig verschiedene paar Schuhe. Denn entscheidend ist, wo das Unternehmen seine Erträge erwirtschaftet. Für Deutschland und die im DAX stark vertretene Exportwirtschaft gilt das besonders. Für die deutsche Automobilindustrie ist die Weltkonjunktur und vor allem die Entwicklung in China entscheidend. Denn China ist ein sehr großer Absatzmarkt für unsere Auto-Pioniere. Erstmals hat mit BYD ein chinesischer Autobauer mehr Autos in China verkauft als Volkswagen.  Und dort zeichnet sich ein stärkeres Wachstum ab als hierzulande.

Negative Nachrichten hatten 2022 im Zentrum Europas geherrscht, so dass viele Anleger deutsche Aktien vermeidet haben. Schaut man über die Ländergrenzen hinaus, stellt man aber schnell fest, dass sie stark unterbewertet waren. Als die Krise dann weitgehend ausblieb, hatte der DAX vergleichsweise viel Spielraum für steigende Kurse und konnte sich in den vergangenen Monaten besser entwickeln als internationale Vergleichsindizes.

Profitiert haben generell Wachstumswerte, die im Zuge der Zinswende im vergangenen Jahr stark abgestraft worden waren und entsprechend großes Erholungspotenzial hatten. Das betrifft vor allem Technologie-Aktien. Weniger gut liefen dagegen etwa Energiewerte, die im vergangenen Jahr von der Krise und den explodierenden Preisen profitiert hatten. Auch Banken liefen zuletzt nicht so gut. Die wurden durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse im letzten Monat zurückgeworfen.

 

Ein entscheidender Treiber für die Aktienkurse weltweit derzeit ist die erwartete Entwicklung der Leitzinsen. Da die Inflation in den USA und Europa wohl ihren Höhepunkt überschritten hat, müssen die Notenbanken die Zinsen langsamer erhöhen, als zeitweise befürchtet worden war. Einige Marktteilnehmer gehen inzwischen von einem baldigen Ende der Zinserhöhungen aus

 

Wann und in welchem Ausmaß entfaltet sich die konjunkturelle Bremswirkung der höheren Zinsen? Viel wurde diskutiert, ob wir eine harten Landung der Wirtschaft erleben.

 

Sollte es im Laufe des Jahres gar zu Zinssenkungen kommen, könne es Spielraum nach oben bei den Aktien geben. Allerdings geht die Inflation aktuell nicht so stark zurück wie man es sich erhofft hat. Damit werden die Zentralbanken Fed und EZB von ihrer strikteren Geldpolitik nicht abwegen. Eine Bankenkrise sowie ein wirtschaftlicher Abschwung sollte ausbleibe.

 

Ein altes Sprichwort lautet: An der Börse ist alles möglich, auch das Gegenteil.

 

So kann es auch dazukommen, dass beispielsweise die Energiepreise wieder anziehen, die Lieferketten erneut gestört werden und die Inflation wieder steigt. Dann könnten die Notenbanken die Zinsen noch stärker anziehen, als es sich derzeit abzeichnet, und damit den Aktienmarkt und die Konjunktur ausbremsen.

 

Ein großes Manko könnte das Kreditproblem werden.

Eine Kreditrezession wirkt sich immer negativ auf das Wachstum aus. Die konjunkturellen Herausforderungen bleiben schwierig. Unvermeidlich erscheint die konjunkturelle Abschwächung in den USA. Die große Frage ist dabei, in welcher Größenordnung sie ausfällt. Viele Beobachter gehen dabei von einer milden Rezession aus. Die Frage hierbei ist aber wiederrum, wie man Rezession definiert.  Da sich die Gewinne der Unternehmen in den USA immer weiter abkühlen, sollte hier eine Gewinnrezession der Unternehmen als Basis-Szenario denkbar sein. Die Hauptfrage ist aber die Arbeitslosenquote. Diese kann durchaus von aktuell 3,5 Prozent auf 5 Prozent steigen.

 

Es sollte für die Anleger also weiterhin Vorsicht geboten sein. Qualität auf Einzeltitelebene ist hier wichtiger denn je.

 

„Angst war noch nie ein großer Ratgeber“